Unter aller Sau.

Veröffentlicht: 24. April 2007 in Diplom

Eine Forderung, die mir bei der Diplom-Recherche in Artikeln, Büchern und Interviews immer wieder unterkommt, ist die nach Qualität im Online-Journalismus, um sich auf diese Weise von Weblogs abzugrenzen. Die profilieren sich nämlich so langsam als ernstzunehmende Quellen für bestimmte, meist netz- oder IT-spezifische Themen, die dort nicht nur mit Fachkenntnis, sondern auch mit Verve und großer Aktualität präsentiert werden. Wie mies es aber um die Qualität der Nachrichtensites bestellt ist, beschreiben Steffen Range und Roland Schweins in einer aktuellen Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die Rede ist von vielfältigen Tricksereien zur Generierung von Klicks, von der Einfalt journalistischer Formen und von Redaktionen, die immer auf der Jagd nach den latest news Recherche und Hintergründe vergessen. Reizwörter dominieren Headlines und Teaser. Saubere, stilistisch gute Texte? Fehlanzeige. Fact-checking? Das geht aber doch auf die Zeit!

Nachrichten-Sites kolportieren im Internet wahllos alle Wasserstandsmeldungen, halbgaren Annahmen, Vermutungen und sind darin einer riesigen, brodelnden Gerüchteküche nicht unähnlich.

Und bei alledem wird das multimediale Potenzial des Netzes „nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft“. Eine ziemlich bittere Bilanz ziehen die beiden Autoren des Gutachtens da:

Gemessen an den strengen Kriterien an Qualitäts-Journalismus, die Verleger und Chefredakteure selber aufgestellt haben, versagen die meisten ihrer Nachrichten-Sites. Kennzeichen des tatsächlich vorherrschenden Nachrichten-Journalismus sind Zweitverwertung, Agenturhörigkeit, Holzschnittartigkeit, Eindimensionalität und Einfallslosigkeit. Gegen das Trennungsgebotvon Werbung und redaktioneller Berichterstattung wird systematisch verstoßen. Weder bestimmen Wichtigkeit und Relevanz allein die Nachrichtenauswahl der Websites, noch steht Originalität im Zentrum.

Einen gewissen Beitrag zur (Re?)Naissance des Qualitätsjournalismus im Netz erhoffen sich Steffen Range und Roland Schweins durch die Offenlegung der „Entgleisungen, Hütchenspielereien und Manipulationen“ und haben dazu ein Blog aufgesetzt: Unter werkkanon.blogspot.com kommentieren sie seit November 2006 in bester Bildblog-Manier die Medienwelt. Bin sehr gespannt, das kommt definititv ins Feed und könnte ein neuer Eintrag für die Blogroll werden – ich drücke die Daumen!

Die lesenswerte Studie „Klicks, Quoten, Reizwörter: Nachrichten-Sites im Internet“ steht hier zum Download bereit.
[via stefan-niggemeier.de]

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